„Unsere Mitarbeiter sind unsere wichtigste Ressource.“ Diese Aussage schreibt sich beinahe jedes Unternehmen auf die Fahne. Studien belegen allerdings, dass viele neu eingestellte Führungskräfte ihren Arbeitgeber bereits innerhalb der ersten 18 Monate wieder verlassen. Und das manchmal sogar schon vor Ablauf des ersten Jahres.
Fehlende Identifikation mit dem Arbeitgeber als Kündigungsgrund
Entgegen landläufiger Annahmen sind finanzielle Aspekte wie etwa eine zu geringe Bezahlung hierfür jedoch in den seltensten Fällen der Grund. Laut der Studienergebnisse scheint der Knackpunkt vielmehr die Mitarbeiterführung und die damit einhergehende Bindung ans Unternehmen zu sein.
So ergab eine Untersuchung des LeadershipIQ, dass 89 Prozent der Kündigungen innerhalb der ersten 18 Monate aufgrund einer fehlenden Identifikation mit der bestehenden Unternehmenskultur erfolgen (LeadershipIQ 2016).
Das Ergebnis einer Gallup-Studie scheint das zu unterstreichen: 75 Prozent der Mitarbeiter verlassen demnach letztlich nicht das Unternehmen, sondern ihre Vorgesetzten (Gallup 2016). Wissenschaftler wie der renommierte Managementprofessor Adam Cobb von der University of Pennsylvania, bestätigen die Ergebnisse. So empfinden Mitarbeiter nicht unbedingt ihrem Unternehmen gegenüber Loyalität. Vielmehr fühlen sie sich Kollegen, Führungskräften oder ihrer Arbeit verpflichtet.
Die Globalisierung erleichtert den Jobwechsel
Ein weiterer Grund, warum Mitarbeiter heute schneller bereit sind das Unternehmen zu verlassen, ist die Globalisierung. In früheren Generationen war es fast schon erstrebenswert, ein Leben lang im selben Unternehmen zu arbeiten. Mitarbeiter waren regelrecht stolz darauf, auf eine lange Betriebszugehörigkeit zurückzublicken.
Heute jedoch sieht das Bild anders aus. Gerade die nachrückenden Generationen Y und Z fühlen sich viel weniger örtlich gebunden als frühere Generationen. Die technischen Möglichkeiten unterstützen diese Entwicklung noch: Dank neuer Kommunikationstechnologien können Menschen in entsprechenden Jobs mittlerweile an jedem Ort auf der Welt arbeiten. Sie können miteinander kommunizieren, sich vernetzen und durch Plattformen Projekten miteinander vorantreiben.
Wer eine entsprechende Expertise vorzuweisen hat, hat also viele Möglichkeiten – ein Umstand, der sicher noch zur Verschärfung des bereits bestehenden Mangels an Führungskräften und gut ausgebildeten Spezialisten beiträgt.
Eine hohe Mitarbeiterfluktuation beeinflusst die Profitabilität
Dass eine hohe Mitarbeiterfluktuation Auswirkungen auf die Profitabilität eines Unternehmens hat, ist nicht überraschend. Es ist beinahe schon eine logische Konsequenz. So ergab eine Befragung von Mercer Central Europe unter Top-Managern und Experten für Organisations- und Führungskräfteentwicklung, dass die Mitarbeiterführung einen entscheidenden Einfluss auf die langfristige Profitabilität von Unternehmen hat:
- Gut 52 Prozent der Unternehmensprofitabilität seien im Durchschnitt auf Führung zurückzuführen.
- 70 Prozent der Befragten gaben an, dass Führung einen entscheidenden Einfluss auf die langfristige Profitabilität eines Unternehmens habe.
- 20 Prozent sagten gar, dieser Einfluss sei dominierend (Mercer 2016).
Mittelständische Unternehmen sind beim Recruiting mehr gefordert als Konzerne
Gerade für mittelständische Unternehmen stellen die Mitarbeiterbindung eine große Herausforderung dar. Denn selbst wenn sie erfolgreich sind und in ihrer Nische zu den Marktführern zählen, sind sie potenziellen Bewerbern oft unbekannt. Dadurch sind sie beim Recruiting noch stärker gefordert als die Konzerne.
Einer der Schlüssel für eine erfolgreiche Suche nach den richtigen Führungskräften und Spezialisten ist die Zusammenarbeit mit einem professionellen Headhunter. Ein weiterer ist eine erfolgreiche Mitarbeiterbindung.
Vertrauen und Zugewandtheit als ausschlaggebende Faktoren
Was aber muss geschehen, wenn die geeignete Führungskraft oder der geeignete Fach-Spezialist gefunden und angestellt wurde? Hier machen viele Unternehmen leider häufig schon den ersten Fehler: Sie überlassen den neuen Mitarbeiter nach einer kurzen Onboarding-Phase sich selbst.
Sicher scheint es auf den ersten Blick verständlich, dass ein Vorgesetzter, der vorher noch intensiv bei den Abstimmungsgesprächen mit dem entsprechenden Kandidaten engagiert war, möglichst schnell wieder zum Tagesgeschäft zurückkehren möchte. Doch letztlich kann eine positive Bindung an das Unternehmen nur dann gelingen, wenn das alltägliche Miteinander von Vertrauen geprägt ist. Und wenn eine Atmosphäre der Zugewandtheit besteht, in der ein Mitarbeiter sich ernst- und vor allem wahrgenommen fühlt.
Deshalb ist es gerade am Anfang, wenn alles noch neu ist, wichtig, den neuen Mitarbeiter nicht alleine zu lassen. Stattdessen sollte man ihn eng begleiten. Schließlich ist es vor allem für mittelständische Unternehmen schon schwer genug, Führungskräfte und Spezialisten mit seltenen Qualifikationen zu finden. Sie aber von Anfang an so zu integrieren, dass sie sich für ihren neuen Arbeitgeber begeistern, sich mit ihm identifizieren und ihm dann auch langfristig treu bleiben, ist letztlich die eigentliche Herausforderung.
Folgende Aspekte sollten Unternehmen im Hinblick auf eine erfolgreiche Mitarbeiterbindung deshalb berücksichtigen:
Die Mitarbeiterbindung beginnt bereits bei der Stellenbesetzung
Für die erfolgreiche Rekrutierung passender Mitarbeiter ist ein professionelles Auswahlverfahren zweifelsohne eine Grundvoraussetzung. Dieses kann etwa durch die Zusammenarbeit mit einem professionellen Headhunter gewährleistet werden. Und bereits bei den ersten Gesprächen mit potenziellen Kandidaten spielt eine hohe Transparenz in folgenden Bereichen eine wichtige Rolle:
- Arbeitgeberimage
- Unternehmenskultur
- Angebots- und Entgeldpolitik
Dass die Versprechungen des Arbeitgebers später auch eingehalten werden, sollte sich von selbst verstehen. Denn ein Bewerber wird seine Erwartungen an den neuen Arbeitsplatz definitiv in den ersten Monaten seiner Unternehmenszugehörigkeit mit der Realität abgleichen.
Die Erwartungshaltung des neuen Mitarbeiters muss auch erfüllt werden
Gerade im Hinblick auf die Erwartungshaltung sollte also bereits in den Gesprächen mit potenziellen Mitarbeitern sichergestellt werden, dass nicht nur auf die Passung von Fähigkeiten und Erfahrungen geschaut wird. Sondern auch darauf, dass sich deren Werte, Moral und Persönlichkeit mit den Werten des Unternehmens decken.
Stimmt die Unternehmenskultur nämlich nicht mit den Vorstellungen eines neuen Mitarbeiters überein, bleibt dieser meist nicht lange. Ein Bewerber, der von seinen Fähigkeiten her perfekt passt, aber eine kaum erfüllbare Erwartungshaltung mitbringt, wird folglich auch nur schwer im Unternehmen zu halten sein.
Auf Aspekte wie Persönlichkeit sollte man übrigens auch dann achten, wenn man Stellen intern besetzt. Viele mittelständische Unternehmen machen beispielsweise den Fehler, dass sie Führungspositionen mit ihren besten Fachkräften besetzen. Und dabei nicht darauf achten, ob diese überhaupt für Führungsaufgaben geeignet sind.
Mitarbeiter kennenlernen
Um das Mitarbeiterengagement zu steigern, ist es wichtig, seine Mitarbeiter kennenzulernen. Nur dann kann man erfahren, was sie erwarten und brauchen, um ihre Arbeit motiviert anzugehen und sie als erfüllend zu erfahren.
Dabei ist die Motivation von Mensch zu Mensch unterschiedlich: So sind manche Menschen intrinsisch, also von innen heraus, ausreichend motiviert. Andere wiederum benötigen eine extrinsische Motivation, also eine Motivation von außen. Generell gilt natürlich, dass der Spaß an der Arbeit dann steigt, wenn eine möglichst hohe Schnittmenge mit den persönlichen Interessen einer Person vorhanden ist.
Feedback-Kultur
Um herauszubekommen, was Mitarbeiter antreibt, was sie als motivierend empfinden und was ihnen nicht gefällt, sollte eine lebendige Feedback-Kultur im Unternehmen bestehen. Vor allem Führungskräfte sollten das verinnerlichen und in der Zusammenarbeit mit ihren Teams leben. Wer seine Mitarbeiter nämlich regelmäßig nach ihrer Meinung fragt, zeigt nicht nur ein wertschätzendes Interesse an ihrem Wohlbefinden, sondern kann auch eventuell auftretenden Problemen schneller entgegenwirken.
Ein solches Gespräch muss übrigens nicht immer gleich einen hochoffiziellen Charakter haben. Es kann auch mal bei einem gemeinsamen Mittagessen stattfinden. Diese soziale Komponente stärkt die Verbindung zueinander. Sie schafft das notwendige Vertrauen. Und sie ist ein Signal an die jeweiligen Teammitglieder, dass man sich um sie kümmert und ihre Meinungen und Interessen ernst nimmt.
Teamwork und Wertschätzung
Ein gut funktionierendes Team war schon immer eine Voraussetzung dafür, dass Projekte erfolgreich umgesetzt werden. Das gilt heute noch mehr als früher. Studien zeigen, dass fast 90 % der Millennials es vorziehen, in einer hochgradig kollaborativen Unternehmenskultur zu arbeiten.
Dabei geht die wirkliche Zusammenarbeit weit über einen gemeinsamen Schreibtisch und die Teilung von Aufgaben hinaus. Vielmehr sind es der Zusammenhalt und das Wir-Gefühl zwischen den Kollegen, die sich positiv auf die Leistungsbereitschaft auswirken. Zum einen ist die Zusammenarbeit mit motivierten und engagierten Kollegen inspirierend. Zum anderen schafft sie eine hohe Bindung durch die Integration in eine Gemeinschaft.
Eine vertraute und offene Kommunikation innerhalb des Teams sowie zwischen Führungskraft und Team sind in diesem Zusammenhang ebenso essenziell wie das Setzen und Verfolgen gemeinsamer Ziele und die gegenseitige Unterstützung.
Das richtige Teamdenken und die Bereitschaft der einzelnen Teammitglieder Verantwortung zu übernehmen können jedoch nur dann stattfinden, wenn die Unternehmenskultur dies auch erlaubt. Fördert ein Unternehmen beispielsweise Einzelleistungen stärker als Teamerfolge, stärkt dies das Konkurrenzdenken und schwächt den Teamgeist.
Dabei schafft das Lob sowohl von den Führungskräften als auch von den Kollegen Zufriedenheit und ein angenehmes Arbeitsumfeld. Nur dann, wenn ein Arbeitnehmer sich als wichtiger Teil des Unternehmens fühlt, kann er die notwendige emotionale Bindung aufbauen, um seine Leistung regelmäßig abzuliefern, und sie sogar noch zu steigern.
Kompetenzorientierte Personalentwicklung
Mitarbeiter langfristig zu binden bedeutet nicht nur, sie motiviert zu halten. Sie wollen auch Perspektiven aufgezeigt bekommen. Dafür müssen Unternehmen sie mit dem nötigen Rüstzeug ausstatten, und zwar sowohl fachlich als auch im Hinblick auf die persönliche Entwicklung. Die Herausforderung liegt dabei zweifelsohne in der Tatsache begründet, dass eine zielgerichtete Förderung auf die individuellen Bedürfnisse eines Mitarbeiters ausgerichtet sein muss.
Denn nicht jede Maßnahme passt für jeden Mitarbeiter. Allgemeine Trainings- und Weiterbildungsmaßnahmen nach dem Gießkannenprinzip sind meist vergebliche zeitliche wie auch finanzielle Investitionen. Dazu kommt, dass sie so manchen Mitarbeiter eher noch demotivieren als ihn weiterbringen.
Eine kompetenzorientierte Personalentwicklung im Hinblick auf individuelle Stärken und Schwächen ist deshalb unumgänglich, wenn man leistungsorientierte und loyale Mitarbeiter fördern und dauerhaft im Unternehmen halten will.
Dies gilt nicht zuletzt gerade auch im Hinblick auf die Entwicklung von Führungskräften. Vor allem in mittelständischen Unternehmen gibt es auch heute noch oftmals keine übergreifende Führungskultur, was sich wiederum auf die Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter auswirkt.
Eine systematische Führungskräfteentwicklung ist deshalb unumgänglich, wenn man Mitarbeiter individuell fördern und motivierte und engagierte Teams kreieren möchte.
Gesundheit, Work-Life-Balance und Arbeitsumfeld
Wenn Mitarbeiter sich umsorgt fühlen, dann bauen sie eine stärkere Bindung zum Unternehmen auf. Auch wenn dieser Satz selbstverständlich klingt, kommt ihm heute mehr Bedeutung zu als noch vor zehn oder 20 Jahren. Beschäftigte sehen sich mittlerweile vielfältigen Herausforderungen ausgesetzt, die natürlich auch Einfluss auf den Arbeitsplatz haben.
Flexible Arbeitsmodelle
So arbeiten in Familien nicht selten beide Lebenspartner, wodurch sich weder der eine noch der andere komplett um die Kindererziehung kümmern kann. Und auch die Anzahl alleinerziehender Eltern ist größer als früher. Eine flexible Verteilung der Arbeitszeit ist somit ebenso wichtig wie die Einrichtung eines Betriebskindergartens. Oder die Möglichkeit, im Homeoffice arbeiten zu können.
Gesundheit und Vorsorge
Ein weiterer Punkt ist die Tatsache, dass viele Menschen immer gesundheitsbewusster leben und von ihren Arbeitgebern entsprechende Angebote erwarten. Neben einem qualitativ hochwertigen Kantinenessen und der Bereitstellung von frischem Obst kann ein Unternehmen mit einem Gesundheitsmanagement punkten.
Ein solches Programm sollte Fitnessangebote enthalten, eine Ernährungsberatung, Impfaktionen oder auch eine betriebliche Krankenversicherung. In diesem Zusammenhang sei noch anzumerken, dass das Angebot betrieblicher Versicherungsprogramme und Zuschüsse zur Vermögensbildung ebenfalls wichtige Bausteine für den Aufbau einer optimalen Mitarbeiterbindung sind.
Zufriedene Mitarbeiter sind Botschafter ihres Unternehmens
Die optimale Mitarbeiterbindung führt letztlich nicht nur zu deutlich loyaleren Mitarbeitern. Vielmehr trägt sie auch dazu bei, dass Mitarbeiter geradezu zu Botschaftern ihres Unternehmens werden. Und damit zu wichtigen Multiplikatoren, wenn es darum geht, neue, motivierte Führungskräfte und Fachspezialisten in einem immer umkämpfteren Arbeitsmarkt zu gewinnen.